Ein Geschenk des Himmels by Liane Moriarty

Ein Geschenk des Himmels by Liane Moriarty

Autor:Liane Moriarty [Moriarty, Liane]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-06-17T16:00:00+00:00


KAPITEL 36

Es ist Sonntag auf Scribbly Gum Island. Rose sitzt auf der hinteren Veranda und hat einen Schuhkarton voller Fotos auf dem Schoß. In der Ferne kann sie die Fähre sehen, einen kleinen Fleck, der sich von Glass Bay herüber auf die Insel zubewegt, voll mit Besuchern und ihren Fotoapparaten und ihren Picknickkörben und ihrem Geschrei und ihren Abfällen. »… und ihren Geldbörsen und Brieftaschen«, würde Connie ergänzen. »Also, hör schon auf zu jammern!«

Rose greift wahllos ein Foto aus der Schachtel. Es zeigt Connie und Jimmy an ihrem Hochzeitstag auf der Tanzfläche. Enigma hatte Blumen gestreut, und Rose war Brautjungfer gewesen. Jimmy blickt verliebt auf Connies dunklen Schopf hinunter. Wie wäre es wohl gewesen, einen Mann zu haben, der einen so vergöttert? Hätte es ihr Wesen grundlegend verändert, jeden Morgen in dem Bewusstsein aufzuwachen, dass sie geliebt wird, dass jemand das Verlangen hat, ihren Körper zu berühren, selbst dann noch, wenn er alt und runzlig wäre?

Doch bei dem Gedanken, ein Mann könnte ihre Hand, ihre Schulter, ihre Brust berühren, als wäre jedes einzelne Teil sein persönliches Eigentum, wird Rose speiübel. Tu dies, tu das. Dreh dich so herum. Mach den Mund auf. Heb die Hüften an.

Sie fegt die Schachtel mit dem Handrücken so ungestüm vom Schoß, dass einige Fotos herausfallen. Der Wind reißt das Foto von Connie und Jimmy an sich und trägt es zum Fluss hinunter. Rose überlässt es seinem neckischen Spieltrieb. Soll er die beiden ruhig gemeinsam davonwehen.

Sie beschließt, sich eine gute Tasse Tee aufzubrühen, aber zuerst muss sie sich noch einmal die Zähne putzen, um diesen widerlichen Geschmack im Mund loszuwerden.

Margie weiß vor lauter Arbeit nicht, wo ihr der Kopf steht. Sie knallt den Marmorkuchen in den Ofen und reißt sich im Laufen ihre geblümte Schürze über den Kopf, als sie die Treppe hinaufhetzt, um sich umzuziehen. An diesem Morgen ist sie mit der Führung durch das Munro-Haus an der Reihe, aber vorher muss sie noch bei Rose vorbeischauen und ihr die Medikamente bringen, die sie ihr aus der Apotheke besorgt hat.

Außerdem muss sie ein ernstes Wort mit Rose reden. Sie wird ihr vorschlagen, eine Putzfrau einzustellen. Ein reizendes Mädchen namens Kerrie. Sie ist die Tochter des Rundlichen Ron, und sie hat ihre eigene Firma gegründet, ein Reinigungsunternehmen namens »Die Putzfee«. Margie findet ihren Unternehmergeist lobenswert und möchte sie unterstützen. Connie war immer dagegen gewesen, eine Putzfrau einzustellen, aber Margie hat es allmählich satt. Seit Neuestem hat sich sogar ihre Mutter eine zitternde Alt-Frauen-Stimme zugelegt, wenn sie mit ihr spricht, und sie in aller Arglosigkeit gefragt, ob sie nicht vielleicht gelegentlich nur mal »kurz mit dem Staubsauger durchs Haus fahren« könne. Soll Kerrie doch alle vierzehn Tage anrücken und bei ihr, bei Rose und bei Enigma putzen! Sie können es sich doch leisten!

Ihr fällt auf, dass sie beim Treppensteigen zwei Stufen auf einmal nimmt. Beim Gehen scheinen ihre Schritte länger geworden zu sein. Sie erreicht ihr Ziel jetzt viel schneller als früher.

Sie schält sich eilig aus ihrem Hauskleid, schnappt den hübschen Rock, den sie sich letzten Winter gekauft hat, steigt hinein und zieht den Reißverschluss hoch.



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